Für mich als Psychiater und Humanethologen ist Sexualität in Praxis und Theorie Gegenstand meines fachlichen Interesses. Die erste Einführung in die Sexualmedizin habe ich bereits während des Studiums durch eine entsprechende Vorlesung von Kurt Loewit erhalten. Da Innsbruck eine Universität mit Anstand ist, durfte diese Vorlesung in den ersten Jahren noch nicht als „Sexualmedizin“ angekündigt, sondern musste vom Wintersemester 1976/77 bis WS 1979/80 mit „Endokrinologie der Fortpflanzung“ getarnt werden. Es war nicht nur die erste umfassende Spezialvorlesung zur Sexualmedizin an einer medizinischen Fakultät in Österreich, sondern jahrelang auch die einzige: Diese Vorlesung war die interdisziplinaritätstheoretisch am meisten integrierende, die ich seinerzeit an der medizinischen Fakultät besuchen konnte. Loewit hat Ergebnisse verschiedenster Humanwissenschaften vermittelt: Er hat neben Störungen auch das Normalverhalten, sowie somatische und psychische, evolutionäre / verhaltensbiologische, endokrinologische, neurobiologische und psychotherapeutische Aspekte besprochen.
Der breite Integrationsversuch unterschiedlicher Denkansätze wird von den Vorstandsmitgliedern der „Österreichischen Akademie für Sexualmedizin“ sowie den Referenten der Curricula weitergetragen und dem heutigen Stand der Wissenschaft entsprechend ausgebaut. In den Modulen werden Leib- und Seelenaspekte der Sexualität praxisnah so behandelt, als hätte es nie eine Spaltung in „Leib- und Seele-Wissenschaften“, Erfahrungs- und Vernunftwissenschaften, Natur- und Geisteswissenschaften, somatische Medizin und Psychotherapie gegeben. Ich bin nicht nur von der didaktischen Qualität des Lehrgangs beeindruckt: In vorbildlicher Weise wird er auch einer „Wissenschaftstheorie der Interdisziplinarität in den Humanwissenschaften“ gerecht. Dank der Vorarbeiten von Kurt Loewit sowie des Engagements von Marianne Greil-Soyka hat die „Akademie für Sexualmedizin“ in Salzburg als erste in Österreich entsprechende Kurse angeboten.